Die Schnatterente

von Wilfried Paszkowski

Die Schnatterente (Anas strepera), Foto: Rolf Jürgens
Die Schnatterente (Anas strepera), Foto: Rolf Jürgens



Bei der Beobachtung in der Natur lässt jede neue oder seltene Art das Herz höher schlagen, ganz besonders bei den Anfängern, die ihre Artenzahlen mehren wollen; ja dieser Drang ist so groß, dass es heuer Clubs gibt, die ihren Mitgliedern seltene Arten präsentieren. Für uns junge Ornithologen vor fast 60 Jahren in Braunschweig war das auch nicht anders.
Auf unserer Wunschliste stand oft jahrelang die Schnatterente (Anas strepera, L.1758 ), obwohl das artenreiche Riddagshäuser Teichgebiet vor unserer Haustür lag.
Wurde die Art übersehen oder verwechselt? Nein.
Ihr Name Mittelente verweist darauf, dass sie im Mittel kleiner als die Stockente, aber größer als eine Kleinente ist. Diese Art ist 46 - 56 cm lang, die Spannweite liegt zwischen 78 und 90 cm. Die Tiere werden bis 1,3 kg schwer; die Weibchen sind im Schnitt leichter als die Männchen.
Die Erpel zeigen nur gedämpfte Farben, die Enten ähneln sehr den Weibchen der Stockente. Von diesen sind sie am weißen Bauch im Flug gut zu unterscheiden. Dann werden wie bei den Männchen die fast rechteckigen weißen Flügelspiegel sichtbar. Ein gutes Merkmal sind der dunkle Schnabel bei den Männchen und das gleichmäßig orangfarbene Band, das den dunklen Sattel auf dem Schnabel der Weibchen begrenzt, ganz anders als das unregelmäßige Muster bei den Stockenten. Schaut man sich die Erpel im Prachtkleid genauer im Spektiv an, sieht man individuelle Unterschiede, die es erlauben, die Tiere zu unterscheiden.
Der heute vergessene Name Knarrente verweist auf den charakteristischen Ruf. Der ist kurz und rau wie "rärrp". Daneben ist der hohe Balzpfiff auffällig.
Weitere feinere Merkmale zeigen die einschlägigen Bestimmungsbücher.
Die Schnatterente ist eine Tieflandsart der südlichen Paläarktis und der zentralen Nearktis.
Sie bevorzugt vegetationsreiche Stillgewässer in Feuchtgebieten in waldarmer Umgebung. Diese sollten meso- bis eutroph sein. Die Art ist Einzel- und Bodenbrüter. Hochstauden in Gewässernähe bieten ruhige Neststandorte. Laichkrautvorkommen fördern die Kükenaufzucht.

Die Paarbildung beginnt im Spätsommer und ist bis zum Spätherbst abgeschlossen. Während dieser Zeit fallen sowohl die Schwimm- und besonders die Flugbalz auf. Die Paare bleiben für eine Saison zusammen. Es gibt nur eine Jahresbrut. Das Gelege besteht aus 8 - 12 Eiern. Die Brutdauer beträgt 24 - 26 Tage. Nach etwa 7 Wochen sind die Jungenten flügge.
Die Ruhemauser beginnt mit dem Wechsel der Schwungfedern im Juni und ist im Oktober abgeschlossen. Die Mauser der Jungvögel beginnt im Spätherbst und endet im März.
Im Braunschweiger Hügelland ist die Schnatterente nur bei Riddagshausen regelmäßiger Brutvogel gewesen. Sichere Berichte gibt es für die Zeit von 1850 - 1900. Spätestens 1920 ist dies einzige Vorkommen im Braunschweiger Hügelland erloschen.
Danach war diese Entenart bis 1950 nur gelegentlich als Gast zu beobachten. Sie zog in geringer Zahl durch, wobei es auch einige Winterbeobachtungen gab. Das änderte sich Anfang der 1970er Jahre. Die Zahl der Durchzügler verdoppelte sich und nahm um 2000 weiterhin zu.
Gleichzeitig dehnte sich die Grenze des Brutareals nach Westen aus. Bruten werden berichtet zuerst aus den Braunschweiger Rieselfeldern, dann aus dem Leiferder Viehmoor und seit 2006 ist jährlich eine Ente mit ihren Jungen auf den Meiner Teichen zu beobachten.
Heute sind Gastzahlen bis zu 60 Stück nicht selten und auch im Winter können es Dutzende sein. Diese Gründelenten, meist Paare, halten sich an Blässhühner und nutzen die Pflanzen, die die Ralle bei Tauchgängen nach oben bringt. An den Meiner Teichen halten sich dann bis zu 30 Schnatterenten mit etwa 30 Blässhühnern zusammen auf, bis die Teiche endgültig zufrieren.
Die Schnatterente ist ein Beispiel für Arten, bei denen es langfristige (säkulare) Bestandsschwankungen und Arealveränderungen gibt, deren Gründe nicht durch Menschen beeinflusst erscheinen.